Die Frage „ Ja, lohnt sich das denn überhaupt? “ kennt bestimmt jeder, der eine PV-Anlage auf dem Dach seines Hauses betreibt. Sie wird gestellt von Freunden, Verwandten, Nachbarn und Skeptikern.
Beim nächsten Mal, wenn ich gefragt werde kann ich dann auf diesen Artikel verweisen, in dem ich nach dem ersten vollen Kalender-Jahr 2019 des Betriebes schon mal eine Bilanz ziehen möchte.
Die Anlage läuft zwar erst etwas mehr als ein Jahr, allerdings kann ich jetzt schon einige vielversprechende Trends erkennen.
Bevor ich in die Auswertung für 2019 einsteige, möchte ich zunächst einmal kurz meine PV-Anlage vorstellen:
Die PV-Anlage mit Speicher
Auf dem Dach unseres Einfamilienhauses arbeiten seit dem 06.09.2018 31 PV-Module vom Typ Q.Peak DUO-G5 320 Watt der Firma Q.Cells mit einer Gesamt-Leistung von 9,92 kWp.
Der Hauptteil der Module (hier: 19) befindet sich auf der Süd-Ost Seite des Satteldaches und liefert bereits nach Sonnenaufgang den ersten Strom. Der Rest der Module verteilt sich auf die Nord-West Seite sowie auf den Teil der beiden Gauben, der nach Süd-Westen orientiert ist.
Das Hauskraftwerk S10 von E3DC enthält den Wechselrichter sowie einen Lithium-Ionen Speicher mit eine Kapazität von 10,5 kWh.
Eine schöne Besonderheit dieses Hauskraftwerks ist es, dass es im Falle eines Stromausfalles in der Lage ist, sich automatisch vom Stromnetz zu trennen und ein eigenes Wechselstrom-Netz für das Haus aufzubauen (Schwarzstartfähigkeit). Dies bedeutet, dass im Haus solange Strom zur Verfügung steht, wie die Sonne Energie nachliefern kann oder noch Energie im Speicher vorhanden ist.
Die Verbraucher
In unserem Haus leben wir mit 4 Personen. Vor der Haustür stehen 2 elektronenhungrige Autos (Renault Zoe, Peugeot iOn seit 08/2019).
Neben den üblichen Verbrauchern im Haushalt möchten auch die zentrale Lüftungsanlage sowie diverse SmartHome-Komponenten ständig mit Strom versorgt werden.
Die Auswertung
Unsere PV-Anlage hat im Jahr 2019 insgesamt 7969 kWh Strom produziert. Unser Solarteur hatte uns damals einen Ertrag von 7858 kWh prognostiziert. Das ist eine Abweichung von nur 1,4% und damit fast eine Punktlandung.
Von dem selbst erzeugten Strom konnten wir fast zwei Drittel (62% Eigenstromanteil) selber verbrauchen (Prognose des Solarteurs war 60%). Den Rest von 2728 kWh haben wir ins Stromnetz eingespeist und erhalten dafür eine Vergütung von insgesamt 326,- Euro (11,95 Cent pro kWh) für das gesamte Jahr 2019.
Man sieht es schon, durch die Vergütung aus der Einspeisung wird man wohl eher nicht reich. Die eigentliche Wertschöpfung der PV-Anlage liegt nämlich in den Einsparungen durch den selbst verbrauchten Strom. Darauf komme ich ich einem späteren Abschnitt noch einmal zurück.
Kommen wird zu dem Stromverbrauch in unserem Haushalt:
Wir haben im Jahr 2019 insgesamt 6660 kWh Strom verbraucht. Das ist die Summe aus Haushaltsstrom und den beiden Elektroautos. Den Strombedarf konnten wir zu 68% (Autarkiegrad) aus der Anlage selber decken. Den Rest von 32% (rund 2147 kWh) mussten wir durch Bezug aus dem Netz ausgleichen.
Auf Basis der Kilowattstunden sind wir also bilanziell autark (Einspeisung mit 2728 kWh größer als der Strombezug mit 2147 kWh).
Etwas komplizierter wird es bei der finanziellen Betrachtung der Bilanz, da wir im Laufe des Jahres 2019 den Stromanbieter gewechselt haben. Seit Mai versorgt uns nicht mehr Naturstrom sondern aWATTar mit Strom.
Für den Strombezug über unseren Hausanschluss haben wir rund 664,- Euro aufgewendet. Darin enthalten sind alle Grundgebühren, Smartmeter sowie die Kosten für die Energie. Da wir unsere Autos nicht nur zuhause laden, entstanden uns hierfür noch einmal Kosten in Höhe von rund 40,- Euro.
Auf Basis der Kosten mussten wir bilanziell also noch 378,- Euro für unseren Strom draufzahlen (704,- minus Einspeisung 326,- Euro).
Der Wert einer kWh
Ich hatte bereits erwähnt, dass man mit der Einspeisung des Stroms ins Netz nicht (mehr) reich werden kann. Für meine Anlage beträgt die Einspeisevergütung nur noch 11,95 Cent pro kWh.
Durch den Eigenverbrauch des selbst erzeugten Stroms hat aber jede selbst erzeugte und verbrauchte Kilowattstunde genau den Wert, den ich ansonsten an den Stromversorger hätte bezahlen müssen. Die Kilowattstunde bei Naturstrom hätte mich dann 28,95 Cent pro kWh gekostet.
Die Krönung ist aber der Einsatz des selbst verbrauchten Strom in der Mobilität. Damit veredele ich sozusagen nocheinmal den Wert des selbsterzeugten Stroms und die Bilanz kann sich meines Erachtens durchaus sehen lassen, denn:
Für die 378,- Euro konnten wir den zusätzlichen Strombedarf unseres Hauses decken sowie unsere beiden Elektroautos rund 22.500 km bewegen!
Fairerweise muss ich allerdings erwähnen, dass die Fahrzeuge auswärts auch mit kostenlosem Strom geladen wurden. Wenn ich dies berücksichtige, verbleiben trotzdem immer noch etwa 15.000km, die wir mit den o.g. Kosten fahren konnten.
Vergleich mit der alten Welt
Da wir doch gerade so schön dabei sind zu rechnen, möchte ich gerne einen Vergleich anstellen. Was für Kosten für Haushaltsstrom und Benzin wären uns entstanden, wenn wir keine PV-Anlage auf dem Dach installiert hätten und immer noch unseren Renault Clio Verbrenner fahren würden:
Kosten Haushaltsstrom:
12 x 8,90 € (Grundgebühr) + 3.600 x 0,2895 € = 1.149,- €
Kosten Benzin:
22.500km / 100 x 7 Liter x 1,434 € = 2259,- €
Summe der Kosten:
1.149,- € + 2259,- € = 3408,-
Hinweis :
Der durchschnittliche Preis für Benzin betrug im Jahr 2019 1,434 € pro Liter.
Laut Spritmonitor verbraucht der Renault Clio rund 7 Liter Benzin pro 100km.
Unsere Ersparnis für das Jahr 2019 beträgt also
3408,- € minus 378,- € = 3030,- €
Der Wert der selbsterzeugten und verbrauchten Energie beträgt für mich in der Mobilität daher umgerechnet rund 50 Cent pro Kilowattstunde.
Annahme hierfür ist ein Verbrauch von 20 kWh/100km ab Zähler für das Elektroauto: 22.500km / 100 x 20 = 4500 kWh. Der Wert pro kWh errechnet sich dann aus den Kosten für Benzin 2259,- € geteilt durch den Gesamt-Verbrauch 4500 kWh. Das ergibt dann ziemlich genau 50 Cent.
Fazit
Die Eingangsfrage „Lohnt sich eine Photovoltaik-Anlage?“ kann ich natürlich rein wirtschaftlich betrachtet nach einem Jahr Betrieb noch nicht mit Sicherheit beantworten, jedoch verdichten sich die Anzeichen, dass es für uns rechnen wird, obwohl die Investition in die Anlage natürlich auch mit einigen Kosten verbunden war.
Nach meinen Berechnungen wird sich die Anlage insbesondere durch die Einsparungen durch den Eigenverbrauch nach etwa 13 Jahren amortisiert haben. Ab diesem Zeitpunkt produziert die Anlage für uns den Strom fast zum Nulltarif. Wir machen uns außerdem weitgehend unabhängig von weiteren Strompreis-Steigerungen.
Wir leisten mit unserer PV-Anlage einen (wenn auch kleinen) Beitrag zu Energiewende, da der von uns verbrauchte Strom zum größten Teil nicht über die bestehenden Stromnetze transportiert werden muss und wir damit die Netze entlasten. Damit lohnt sich die Anlage auch für die Energiewende.
In Verbindung mit der Energiewende ist das Wort Sektorenkopplung in aller Munde. Diese wird von uns aktiv betrieben, da wir die Themen Komfortstrom und Mobilität schon miteinander verbunden haben. Der Betrieb von Elektroautos mit selbst erzeugtem PV-Strom dürfte die Rentabilität der Anlage deutlich erhöhen.
Für die Umwelt rechnet sich die PV-Anlage in jedem Fall, da wir daraus einen großen Teil des Fahrstroms CO2-frei erzeugen können.
Ach ja, natürlich macht es einfach richtig Spass, sein eigener Stromminister™ zu sein und regelmässig auf die Handy-App mit den Zahlen zu schauen. Das kann geradezu süchtig machen …
Tipps
- Falls man die Neu-Installation einer PV-Anlage in Erwägung zieht, sollte man auch gleich den Verbrauch eines (zukünftigen) Elektroautos schon mit berücksichtigen, auch wenn man aktuell noch einen Verbrenner fährt.
- Beim Neubau sollte man bei der Dachgestaltung auch die Installation einer PV-Anlage im Hinterkopf haben (Dachform möglichst einfach halten, Dach-Ausrichtung für Eigenverbrauch optimieren)
- Beim Neubau schon heute an Leer-Rohre und Kabel für die Installation einer Wallbox denken
Ausblick
Mit der Investition in (m)eine PV-Anlage und dem Kauf von Elektroautos sind wir finanziell schon einmal deutlich in Vorleistung gegangen. Es zeichnet sich jedoch ab, dass uns einige vorab nicht berücksichtigte Faktoren zukünftig noch in die Karten spielen werden:
- Die Einführung einer CO2 Steuer wird uns beim Sektor Mobilität nicht betreffen
- Die Erhöhung der Pendlerpauschale sowie die Senkung EEG-Umlage dagegen schon 🙂
Das zweite Elektroauto kam erst im späten August dazu. Der Eigenverbrauch wird daher für 2020 vermutlich noch steigen.
Mal sehen, wenn die Sommer weiterhin so heiß bleiben sollten, kann man vielleicht auch irgendwann mal eine fest installierte Klimaanlage mit dem überschüssigen PV-Strom betreiben.
Sehr interessant,
danke für die Schilderung Ihrer Situation.
Seit 2006 betreibe ich eine Anlage, die nach dem Ablauf von 20 Jahren aus der Förderung des EEG herausfällt.
Was wohl gerade im Wirtschaftsministerium erarbeitet wird, dürfte sehr vielen Betreibern einer „Alt-Anlage“ Kopfzerbrechen bereiten.
Ich hoffe, dass es in den kommenden Jahren zu Lösungen kommt, die sich für uns Betreiber auch im Sinne der Umwelt rentieren.
Weiterhin eine Gute Zeit
Rainer