Ab dem 01.01.25 sind Netzbetreiber dazu verpflichtet zeitvariable Netzengelte anzubieten. Die Regelung ist verblüffend unkompliziert und birgt doch Herausforderungen für alle Beteiligten. In diesem Beitrag wird erläutert, wer mitmachen kann und welche Anforderungen dafür erfüllt sein müssen.
Solltest du bereits ein E-Auto besitzen, dann hast du wahrscheinlich auch eine Wallbox. Das kann deine Eintrittskarte zu reduzierten Netzentgelten sein. Netzentgelte sind ein Preisbestandteil deines Strompreises. Laut unserer Stromrechnung sind das aktuell 7,03 ct/kWh (netto).
Warum variable Netzentgelte?
Variable Netzentgelte sollen im Zuge der voranschreitenden Energiewende das Stromnetz entlasten und einen Anreiz bei den Stromkunden setzen, sich netzdienlich zu verhalten.
Betrifft diese Regelung nur Wallboxen?
Nein, alle „steuerbaren Verbrauchseinrichtungen“, die unter den § 14 a EnWG fallen, können von reduzierten oder variablen Netzengelten profitieren. Das sind neben Wallboxen auch Wärmepumpen, Klimaanlagen und Stromspeicher mit einem Leistungsbezug von mehr als 4,2 kW.
Ist die Regelung neu?
Nein, die Regelung gilt bereits seit dem 01.01.24. Neu installierte Verbrauchseinrichtungen fallen bereits automatisch unter § 14 a EnWG. Wurde die steuerbare Verbrauchseinrichtung vorher installiert, ist ein einmaliger Wechsel mittels Antrag möglich. Der Antrag der Stadtwerke Dülmen ist unten verlinkt, es wird aber die Bestätigung eines Elektrofachbetriebes benötigt.
Neu ist, dass ab dem 01.01.25 ein neues, sogenanntes Modul 3 von den Netzbetreibern angeboten werden muss. Dieses Modul 3 beinhaltet zeitvariable Netzentgelte. Mehr dazu weiter unten.
Was ist der Deal?
Du erhältst, je nach gewähltem Modul, einen Preisnachlass beim Netzentgelt. Darüber hinaus kannst du ab dem nächstem Jahr einen zeitvariablen Tarif für Netzentgelte wählen. Im Gegenzug musst du Außerbetriebnahmen oder Störungen von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen deinem Netzbetreiber mitteilen.
Der Netzbetreiber wird verpflichtet steuerbare Verbrauchseinrichtungen anzuschließen. Er kann Wallboxen oder Wärmepumpen nicht mehr ablehnen. Dafür bekommt er die Möglichkeit deine steuerbaren Verbrauchseinrichtungen auf maximal 4,2 kW für höchstens 2 Stunden pro Tag zu begrenzen.
Klingt nach einem fairen Deal: Die Einschränkungen sind in der Praxis wirklich gering. Eine Reduktion der maximalen Ladeleistung von E-Autos auf 4,2 kW für 2 Stunden dürfte kaum auffallen. Vorallem nachts bleibt immer noch genügend Zeit zum Aufladen. Wärmepumpen in neuen Einfamilienhäusern sind durch diese Begrenzung meist gar nicht betroffen, da sie die Leistung von 4,2 kW nur durch den Einsatz des elektrischen Heizstabes überschreiten. Sofern die Wärmepumpe in ihrer Leistung nicht regelbar ist, genügt es dann die Zusatzheizung zu deaktivieren, die sowieso nur selten einspringt.
Welche Anforderungen müssen erfüllt werden?
Im besten Fall erfüllt dein Schaltschrank die aktuellen Anforderungen aus den Normen und technischen Anschlussbedingungen. Falls du dir nicht sicher bist, wende dich am besten an den Elektrofachbetrieb deines Vertrauens. Für alle technisch versierten gibt es hier noch ein paar Hintergrundinformationen:
Hager hat hier mit Bildern beschrieben, wie heutzutage Zählerschränke aussehen müssen. Insbesondere wird ein APZ-Feld (Abschlusspunkt Zählerplatz) sowie ein selektiver Leitungsschutzschalter (SLS) und Typ 2 Überspannungsschutz gefordert.
Zudem muss der Elektrofachbetrieb im Antrag bestätigen, dass die Steuerbarkeit der Verbrauchseinrichtung gegeben ist.
Wie erfolgt die Bezugsbegrenzung durch den Netzbetreiber?
Die Bezugsbegrenzung durch den Netzbetreiber kann auf 2 unterschiedliche Arten stattfinden.
- Durch Direktansteuerung, die zur Leistungsbegrenzung einer steuerbaren Verbrauchseinrichtung führt. Dies wird i.d.R. über ein Schütz oder Relaiskontakt realisiert.
- Es wird ein Sollwert für den maximal wirksamen Leistungsbezug übermittelt, der für alle steuerbaren Verbrauchseinrichtungen eines Hauses gilt. Das im Haus installierte Energiemanagementsystem muss dann dafür sorgen, dass der Sollwert eingehalten wird. Wie genau die Schnittstelle zwischen Netzbetreiber und Energiemanagement funktioniert konnte man mir zum heutigen Zeitpunkt (18.10.24) nicht sagen. Vermutlich wird die Leistungsbegrenzung mittels Sollwert wegen einer nicht existenten technischen Lösung vorerst gar nicht verwendet.
Ob ein Zählerwechsel erfolgen muss, liegt am gewählten Modul. Dazu mehr im nächsten Kapitel.
Welche Möglichkeiten zur Netzentgeltreduzierung gibt es?
Es gibt 3 unterschiedliche Module, aus denen du wählen kannst. Ein Wechsel zwischen den Modulen ist ebenfalls möglich.
- Modul 1: Das Netzentgelt wird pauschal reduziert. Hiervon profitieren alle, die unter diese Regelung fallen automatisch. Dein Stromzähler muss nicht getauscht werden.
- Modul 2: Pauschale Arbeitspreisreduzierung, sofern eine separate Zählung für steuerbare Verbrauchseinrichtungen vorliegt. Der Zähler muss nicht getauscht werden.
- Modul 3: Und das ist die eigentliche Neuerung zum 01.01.25. Alle Netzbetreiber müssen ein zeitvariables Netzentgelt anbieten. Modul 3 kann in Ergänzung zu Modul 1 gewählt werden. Für die Nutzung des Modul 3 ist ein sogenanntes intelligentes Messystem (iMSys) erforderlich. Ein iMSys ist ein moderner Stromzähler. Noch mehr Infos dazu gibt es hier.
Hier ist sind die vorläufigen Netzentgelte für 2025 der Stadtwerke Dülmen zu finden.
Für Modul 3 gibt es drei Preisstufen: Der Grundpreis und das Netzentgelt der Standardlaststufe sind identisch mit den Preisen für Kunden ohne steuerbare Verbrauchseinrichtung. In den frühen Morgenstunden gibt ist das Netzentgelt stark reduziert, während es in den Abendstunden teurer ist. Zusätzlich wird ein jährlicher Rabatt von max. 124,08€ auf die Netzgebühren gewährt.
Die Grafik zeigt die Höhe der Netzentgelte über den Tag. 6 Stunden liegen unterhalb des Standardlasttarifs, während 5 Stunden darüber liegen.
Für wen lohnt sich das?
Ob sich das Modul 3 im Einzelfall lohnt, wird vom individuellen Verhalten abhängen. Für Eigenheimbesitzer mit E-Auto, PV-Anlage und Speicher könnte es sich lohnen, da der Strombezug in günstigere Zeiten verlegt werden kann. Hast du bereits Erfahrungen mit dynamischen Stromtarifen, dann wäre ein Wechsel in das Modul 3 die ideale Ergänzung.
Wir werden das Thema weiter beobachten.
Quellen & Links:
Autor: Dominik